Personalverantwortliche und Führungskräfte stehen vor der Zerreißprobe
Soziale Isolation im Homeoffice, Digitalisierungsdruck und Modernisierungszwänge, psychische Belastungen am Arbeitsplatz bis hin zur Über-Lastung. Nicht nur Mitarbeiter:innen stehen in vielfältigen Spannungsfeldern. Spätestens seit der Corona-Pandemie werden viele davon zur Zerreißprobe.
Krankheitsbedingte Ausfälle häufen sich. Schon in 2011 gab es 59,2 Millionen Krankschreibungen wegen psychologischer Befunde wie Erschöpfung und Burn-out. Im Jahr 2021 zählt der DAK-Psycho-Report rund 265 Arbeitsunfähigkeitstage je 100 Versicherte aufgrund psychischer Erkrankungen. Damit hat die Fehltage-Statistik der Krankenkasse im Corona-Jahr einen neuen Höchststand erreicht.
Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft gehen insgesamt 16 Prozent der Fehltage auf psychische Leiden zurück - lediglich 14,4 Prozent auf Erkältungen und 4,5 Prozent auf Infektionen. Fachärzte erklären diese Entwicklung mit dem steigenden Druck am Arbeitsplatz. Dieser führt bei Mitarbeitenden zu mehr Ausfällen und bei Unternehmen zu immer höheren Kosten.
Zwischen 2005 und 2015 sind die Entgeltforderungen für Krankheitsfälle von 22 auf 45 Milliarden Euro gestiegen.
Überlastete und ausgebrannte Mitarbeiter:innen sind eine der größten Herausforderungen für Unternehmen. Eine, der sich Personalverantwortliche und Unternehmen stellen müssen.
Konventionelle Maßnahmen greifen zu kurz
Die Rufe nach Lösungen werden immer lauter. Gleichzeitig wird deutlich, dass konventionelle Maßnahmen zu kurz greifen.
Der Yoga-Kurs im Betriebssport oder die Meditationsanleitung in der Mittagspause sind gute und wichtige Angebote. Aber keine, die das Problem grundsätzlich angehen.
André Siegl, Arbeitsschutzexperte des TÜV-Verbands, weist deutlich auf die schwierige Situation hin: »Viele Arbeitnehmer:innen leiden nach langen Homeoffice-Phasen unter körperlichen Beschwerden und depressiven Verstimmungen, die ihre Leistungsfähigkeit stark beeinträchtigen.«
Und das zukunftsInstitut bescheinigt: »Der Anspruch an Personalverantwortliche und Führungskräfte ist künftig nicht mehr nur, für weniger Krankenstandstage zu sorgen, sondern für gesunde Arbeitskräfte, die sich wohlfühlen.«
Es braucht mehr als kosmetische Maßnahmen. Es braucht mehr als nur das bare Minimum. Es braucht eine gesundheitsfördernde Unternehmenskultur.
Die Herausforderungen sind vielfältig
Personalverantwortliche sehen sich in der Verantwortung, sich um die Gesundheit ihrer Mitarbeiter:innen zu kümmern. Um die Fluktuation möglichst gering zu halten, Ausfälle zu vermeiden und im War for Talents bestehen zu können, müssen sie für höhere Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter:innen sorgen und ihr Unternehmen authentisch attraktiv machen.
Und vor allem: Kranke Mitarbeiter:innen sind ein immenser Kostenfaktor, der Unternehmen finanziell und personell belastet.
Mitarbeiter:innen wiederum brauchen echte Lösungsansätze für ihre individuellen Herausforderungen. Pauschale (Online–)Kurse von der Stange nehmen die Bedürfnisse und die Einzigartigkeit des Einzelnen nicht wahr. Es braucht hier die Zeit und den (Frei)Raum für echte (Selbst)Reflexion und die Erarbeitung tragfähiger Lösungen, wie der eigene Alltag konkret gesünder gestaltet und wie mit individuellen Problemen umgegangen werden kann. Wie es wirklich gelingt, sich gegen die unterschiedlichen Anforderungen von außen abzugrenzen.
Führungskräfte stehen vor der Herausforderung, sich um das Wohlergehen ihrer Mitarbeiter:innen zu kümmern, trotz (digitaler) Distanz, immer flacherer Hierarchien und in cross funktionalen Teams.
Dies alles erschwert ihnen die Einschätzung des aktuellen Belastungsstands ihrer Mitarbeiter:innen zusätzlich. Damit es gar nicht erst zu Überlastungen kommt, ist es ihrer Aufgabe, die Mitarbeiter:innen zu befähigen, sich selbst im Blick zu behalten und mit Lösungsansätzen rechtzeitig reagieren zu können.
Um Be- und Überlastungen zu vermeiden, sollte eine gesundheitsfördernde Unternehmenskultur das Ziel sein.
Was ist die Lösung?
Den Mitarbeiter:innen sollte ein Skill-Set an die Hand gegeben werden, das sie dazu befähigt, selbstreflektiv und eigenverantwortlich zu agieren.
Dazu gehört die Entwicklung eines Verständnisses für die eigenen körperlichen und mentalen Bedürfnisse, und ein Verständnis überhaupt erst einmal dafür, wie Gesundheit funktioniert.
Ein Wissenstransfer im Gießkannen-Prinzip ist hier weniger hilfreich als effektiv zielgerichtet und zeitsparend zu identifizieren: Was brauche ich? Wo sind meine optimalen Ansatzpunkte?
Dazu gehört auch die Fähigkeit, selbst für sich einzustehen und achtsam für sich selbst zu sorgen, bevor die Belastungen überhand nehmen. Zentral sind ebenso die Skills der Konfliktfähigkeit und Lösungsorientierung sowie die Fertigkeit, sich selbst eine sinnvolle Zeitstruktur und ausreichend Pausen zu geben. Gerade jetzt, da durch Remote Work und Vertrauensarbeitszeit diese Grenzen oftmals eben nicht mehr durch betriebliche Strukturen und Prozesse vorgegeben sind.
Wie können diese Fähigkeiten erlernt werden und wie können Unternehmen ihre Mitarbeiter:innen dabei unterstützen?
Mit intelligenten Konzepten, die die Vorteile von Gruppentrainings mit Einzelcoachings verbinden, lässt sich eine gesundheitsfördernde Unternehmenskultur entwickeln.
Dazu gehören individuelle Ist-Analysen, die gezielte Vermittlung von Gesundheitswissen und die Möglichkeit, die Zeit und der Raum für das Individuum, sich selbst zu reflektieren.
Es braucht Trainings, die darauf ausgelegt sind, dass tatsächliche Veränderung im Alltag angestoßen und gefördert wird.